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Schutzwürdige Biotope in Nordrhein-Westfalen


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Stickstoffempfindlichkeit und Critical Load

Die aus den Stickstoffeinträgen resultierende Belastung von Natur und Landschaft ist im Naturschutz schon seit langem bekannt. ELLENBERG jun. wies schon in der 1980er Jahren auf die durch Düngung und Immisionen verursachte Veränderung der Flora Mitteleuropas hin. Durch die Auswertung der Stickstoffzeigerwerte der Gefäßpflanzen Mitteleuropas wies er nach, dass weit mehr als die Hälfte der Pflanzenarten Deutschlands nur bei N-Mangel konkurrenzfähig ist (1 = extrem N-arm, 9 = Standort übermäßig mit N versorgt, x = die verhält sich gegenüber N indifferent, ? = über das Verhalten der Art gegenüber N ist wenig bekannt).

Die Gefährdung der Pflanzenarten durch atmogene N-Einträge spiegelt sich wider in der Gefährdung der Biotoptypen.

Das Umweltbundesamt hat im Februar 2015 einen aktualisierten Datensatz zur Stickstoff- Hintergrundbelastung ins Internet eingestellt. (http;//gis.uba.de/website/depo1/).
Die Höhe der N-Einträge über den Luftpfad schwankt in NRW in Abhängigkeit von der Region und der Landnutzungsklasse (z.B. Laubwald, Grünland, seminatürliche Vegetation, Wasser) zwischen 8 kg N/(ha*a) bei der Landnutzungsklasse Wasser im Bereich der Eifel und 33 kg N/(ha*a) bei der Landnutzungsklasse Nadelwald im Münsterland und am Niederrhein. Der größte Verursacher von N-Emissionen mit einem Schwerpunkt beim reduzierten Stickstoff (NH3) ist die Landwirtschaft. Die Einträge von oxidiertem Stickstoff (Stickstoffoxide NOx) resultieren aus Verbrennungsprozessen (Industrie, Kraftwerke, Hausbrand, Verkehr) (UBA 2014). Infolge der großen Oberflächenrauigkeit und der damit verbundenen starken Auskämmung von Luftinhaltsstoffen werden die höchsten Einträge in dem Waldlebensraumtypen festgestellt. Die N-Einträge dauern schon seit mehreren Jahrzehnten an. Die Änderung der gesellschaftstypischen Artenzusammensetzung gugunsten der N-toleranten ist eine Folgeerscheinung die allen Lebensraumtypen gemein ist. Z.B. breiten sich in Wäldern Brombeere, Brennnessel und Holunder aus. Da N-Einträge auch versauernd wirken, wird nicht nur die Naturverjüngung der Buchen geschädigt, auch die Basenzeiger der Krautschicht werden zurück gedrängt. In den Heiden expandieren Gräser (Straußgras, Pfeifengras, Drahtschmiele), die in der Lage sind das erhöhte N-Angebot wesentlich besser nutzen zu können als die lebensraumtypischen Zwergsträucher. Auch Stickstoff empfindliche Moose und Flechten werden verdrängt und in den Hoch- und Übergangsmooren gewinnen die N-toleranten Arten (hochwüchsige Sauergräser, Wollgräser und Binsenarten) größere Deckungsgrade. Auf die Zunahmen der Bultenvegetation folgt Verbuschung. Die hochmoortypischen Arten werden geschädigt und verdrängt.

Critical Loads sind Stofffrachten, die angeben welche Menge pro Fläche und Zeitraum in einem Ökosystem deponiert werden kann, ohne dass nach bisherigem Wissensstand langfristig deutliche Schadwirkungen auftreten. Zahlreiche Lebensraumtypen sind N-empfindlich. In Abhängigkeit von den Critical Loads lassen sich die Lebensräume grob in eine empfindliche und eine hoch empfindliche Gruppe unterteilen. Dabei gehören Schwermetallrasen, Pfeifengraswiesen oder Moore zu den hoch empfindlichen Biotoptypen, während z.B. Schluchtwälder, Weichholzauenwälder oder auch genutzte Grünlandgesellschaften weniger empfindlich sind.

Die Grenze zwischen hoch empfindlichen und empfindlichen LRT/BT liegt bei einem CL-Wert von etwa 15 kg N/(ha*).

Um zu verhindern, dass sich die u.a. durch die N-Deposition verursachte Nivelliering der Trophiegradienten auf hohen Niveau fortsetzt, werden projektbedingte, atmogene N-Einträge in N-empfindliche FFH-Lebensraumtypen innerhalb von FFH-Gebieten einer FFH-Verträglichkeitsprüfung unterzogen. Naturschutzfachlicher Maßstab für diese Prüfungen sind die Critical Loads der einzelnen Lebensraumtypen. Zur Reduktion der schon seit Jahren andauernden hohen Vorbelastungen ist mittelfristig die Umsetzung einer effektiven Luftreinhaltepolitik sinnvoll.